Wann ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit Sachgrund wirksam?

Das Bundesarbeitsgericht hat am 7. Februar 2024 ein Urteil (7 AZR 367/22) zur Befristung von Arbeitsverträgen mit Sachgrund gefällt, das insbesondere die Eigenart der Arbeitsleistung betraf. Dieses Urteil betraf zwar das Arbeitsverhältnis eines Gemeindepastor, es aber nicht nur für kirchliche Arbeitgeber von Bedeutung, sondern wirft auch allgemeine Fragen zur Befristung von Arbeitsverträgen auf.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Gemeindepastor, war seit dem 1. Februar 2013 befristet bei einem kirchlichen Verein tätig, der sich der Betreuung koreanischer Gläubiger in München widmet. Nach mehreren Verlängerungen des befristeten Arbeitsverhältnisses kam es schließlich zum Streit über die Wirksamkeit der letzten Befristung bis zum 31. Dezember 2020. Der Kläger argumentierte, dass seine Tätigkeit als Gemeindepastor keinen Sachgrund für eine Befristung darstelle und dass die kontinuierliche Befristung seines Arbeitsverhältnisses rechtsmissbräuchlich sei.

Entscheidungsgründe

Der Pastor unterlag in allen Instanzen. Das BAG bestätigte die ergangenen Entscheidungen und wies die Revision des Klägers zurück. Die zentrale Frage war, ob die Befristung des Arbeitsvertrags durch die Eigenart der Arbeitsleistung gerechtfertigt war (§ 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG). Das Gericht stellte fest, dass die Tätigkeit eines Gemeindepastors, insbesondere in einer kirchlichen Gemeinde, eine solche Eigenart aufweist.

Das Gericht stellte zunächst fest, dass mit dem Sachgrund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG vor allem verfassungsrechtlichen, sich aus der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) und der Freiheit der Kunst (Art. 5 Abs. 3 GG) ergebenden Besonderheiten Rechnung getragen werden soll (BT-Drs. 14/4374 S. 19). Die Regelung kann daher zB geeignet sein, die Befristung von Arbeitsverträgen mit programmgestaltenden Mitarbeitern bei Rundfunkanstalten oder mit Bühnenkünstlern zu rechtfertigen. Der Sachgrund der Eigenart der Arbeitsleistung ist jedoch nach dem Willen des Gesetzgebers nicht auf diese Fallgruppen beschränkt, sondern kann auch in anderen Fällen zur Anwendung kommen.

Insbesondere Presse- und Kunstunternehmen haben aufgrund der verfassungsrechtlichen Bestimmungen gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG die Möglichkeit, befristete Verträge mit sogenannten Tendenzträgern abzuschließen. Auch befristete Arbeitsverhältnisse mit wissenschaftlichem Personal an wissenschaftlichen Einrichtungen können unter die Befristungsmöglichkeit des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG fallen, um die Innovationsfähigkeit im Bereich der wissenschaftlichen Tätigkeit durch eine kontinuierliche Personalfluktuation zu gewährleisten.

Kirchliche Selbstbestimmung: Das BAG hob hervor, dass die verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmung der Kirchen (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV) eine zentrale Rolle spielt. Diese Selbstbestimmung erlaubt es kirchlichen Arbeitgebern, ihre Arbeitsverhältnisse in einer Weise zu gestalten, die ihren religiösen und organisatorischen Bedürfnissen entspricht.

Eigenart der Arbeitsleistung: Die Eigenart der Arbeitsleistung kann einen Sachgrund iSd. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 TzBfG darstellen.  Die Tätigkeit des Klägers als Gemeindepastor umfasste geistliche und seelsorgerische Betreuung, Durchführung von Gottesdiensten in koreanischer Sprache, Jugendarbeit und Missionsarbeit. Diese Aufgaben sind spezifisch kirchlicher Natur und erfordern eine besondere Vertrauensstellung sowie die Fähigkeit, die Glaubensgemeinschaft zu repräsentieren und zu prägen.

Interessenabwägung: Das BAG führte eine Abwägung zwischen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und dem Bestandsschutzinteresse des Klägers durch. Es stellte fest, dass die kirchliche Gemeinde ein berechtigtes Interesse daran hat, den Gemeindepastor befristet anzustellen, um auf die dynamischen Bedürfnisse der Gemeindemitglieder und die Entwicklungen innerhalb der Gemeinde flexibel reagieren zu können.

Parallelen zu anderen Bereichen

Das Urteil zeigt Parallelen zu anderen Bereichen, in denen die Eigenart der Arbeitsleistung als Sachgrund für eine Befristung anerkannt ist. Dazu gehören etwa künstlerische Tätigkeiten oder Positionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wo ebenfalls die besonderen Anforderungen der jeweiligen Tätigkeit und die damit verbundene Notwendigkeit für flexible Personalentscheidungen anerkannt sind.

Rechtliche Grundlagen der Befristung

Die rechtlichen Grundlagen für die Befristung von Arbeitsverträgen sind im Teilzeit- und Befristungsgesetz verankert. Das Gesetz unterscheidet grundsätzlich zwischen sachgrundlosen Befristungen (§ 14 Abs. 2 TzBfG) und Befristungen mit sachlichem Grund (§ 14 Abs. 1 TzBfG).

Sachgrundlose Befristung

Eine sachgrundlose Befristung ist gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG unter bestimmten Bedingungen möglich. Sie darf maximal zwei Jahre dauern, innerhalb dieser Zeitspanne sind bis zu drei Verlängerungen zulässig. Eine sachgrundlose Befristung ist jedoch nur zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber zuvor kein unbefristetes oder befristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Diese Regelung soll Kettenbefristungen verhindern und somit die Umgehung von Kündigungsschutzbestimmungen vermeiden.

Befristung mit Sachgrund

Eine Befristung mit Sachgrund ist gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG dann zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt. Das Gesetz listet mehrere mögliche Sachgründe auf, darunter:

      • Vorübergehender Bedarf: Die Befristung ist zulässig, wenn ein vorübergehender betrieblicher Bedarf an der Arbeitsleistung besteht.
      • Erprobung: Die Befristung kann zur Erprobung des Arbeitnehmers erfolgen.
      • Vertretung: Die Befristung ist zulässig, wenn der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers eingestellt wird.
      • Eigenart der Arbeitsleistung: Besondere Anforderungen der Arbeitsleistung, wie im künstlerischen oder wissenschaftlichen Bereich, können eine Befristung rechtfertigen.
      • Finanzierung aus Haushaltsmitteln: Die Befristung ist möglich, wenn die Vergütung des Arbeitnehmers aus Haushaltsmitteln erfolgt, die für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind.
      • gerichtlicher Vergleich: Eine Befristung kann auch durch gerichtlichen Vergleich zustande kommen.

    Voraussetzungen und Anforderungen an eine Befristung

    Die Befristung eines Arbeitsvertrages erfordert neben der Einhaltung formaler Anforderungen auch die Beachtung materieller Voraussetzungen, die sich aus dem TzBfG und der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ergeben.

    Formelle Anforderungen

        • Gemäß § 14 Abs. 4 TzBfG muss die Befristung zwingend schriftlich erfolgen. Vereinbarungen in Textform, insbesondere auch mündliche oder digitale Vereinbarungen, machen die Befristungsabrede unwirksam, wodurch der Vertrag auf unbestimmte Zeit läuft.
        • Vereinbarung vor Arbeitsbeginn: Die Befristungsabrede muss vor Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich festgehalten werden.

      Materielle Anforderungen

      Sachlicher Grund: Bei einer Befristung mit sachlichem Grund muss dieser klar erkennbar und nachvollziehbar sein. Nur gesetzlich definierte Gründe gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG kommen in Betracht.

      Zeitliche Begrenzung: Die Befristung muss sich auf einen konkreten Zeitraum oder ein bestimmtes Ereignis beziehen.

      Herausforderungen und Problemfelder der Befristung

      Die Befristung von Arbeitsverträgen wirft sowohl aus rechtlicher als auch aus sozialpolitischer Sicht diverse Herausforderungen und Problemfelder auf.

      Kettenbefristungen

      Eine häufige Problematik ist die Kettenbefristung, bei der ein Arbeitsverhältnis durch mehrere aufeinanderfolgende befristete Verträge verlängert wird. Das BAG hat in verschiedenen Entscheidungen klargestellt, dass Kettenbefristungen nur unter strengen Voraussetzungen zulässig sind. Insbesondere darf die Befristung nicht missbräuchlich erfolgen, um den Kündigungsschutz zu umgehen.

      Missbrauch von Sachgründen

      Ein weiterer kritischer Punkt ist der Missbrauch von Sachgründen.

      Auswirkungen auf die Arbeitnehmer

      Für Arbeitnehmer bedeuten befristete Arbeitsverträge eine Unsicherheit hinsichtlich ihrer beruflichen und wirtschaftlichen Zukunft. Dies kann zu eingeschränkter Kreditwürdigkeit, geringerem Engagement im Job und psychischer Belastung führen. Besonders kritisch ist dies in Bereichen mit traditionell hoher Befristungsquote, wie dem öffentlichen Dienst oder der Wissenschaft.

      Information über unbefristete Arbeitsplätze gemäß § 18 TzBfG

      Information durch den Arbeitgeber: Der Arbeitgeber muss befristet beschäftigte Arbeitnehmer über unbefristete Stellen informieren. Dies kann durch Aushänge oder Mitteilungen an zugänglichen Stellen im Betrieb erfolgen.

      Anzeige durch den Arbeitnehmer: Arbeitnehmer, die länger als sechs Monate beschäftigt sind, können in Textform einen unbefristeten Vertrag wünschen.

      Antwortpflicht des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber muss innerhalb eines Monats schriftlich antworten und die Antwort begründen.

      Einschränkung: Diese Regelung gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer seinen Wunsch bereits in den letzten zwölf Monaten geäußert hat.

      Fazit

      Die Befristung von Arbeitsverträgen bietet bestimmte Vorteile, birgt aber auch Risiken. Arbeitgeber können flexibel auf wirtschaftliche Schwankungen und projektbezogene Anforderungen reagieren. Für Arbeitnehmer sind damit jedoch Unsicherheiten verbunden. Daher müssen die gesetzlichen Vorgaben strikt eingehalten werden, um die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen und rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden.

      Die Anforderungen an die sachliche Begründung und die Einhaltung der Schriftform sind dabei besonders relevant. Unwirksame Befristungen können zu unbefristeten Arbeitsverhältnissen führen, was für Arbeitgeber erhebliche Konsequenzen haben kann.

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